Der Exot (unter den Escape Games)

„Es gibt viele Leute, die verstehen nicht, worum’s bei uns geht. Das verstehe ich.“

‚Mein Team und ich, wir sind für viele hier nicht greifbar – geschweige denn das, was wir tun‘, sagt Tim Heitmann und lächelt. Er weiß, dass das normal ist, denn: Seine Arbeit ist eben unnormal. Seine Arbeitsweise ebenso. Tim hat mit seinen Business Escape Games in den vergangenen Jahren nicht nur eine ganz eigene Branche aufgetan. Er spielt darin auch nach seinen Regeln. Klar, dass der ein oder andere da nach der Spielanleitung sucht... Here we go!

„Aufgeben gibt’s bei mir nicht. Das war keine Option.“

Was als kreative Übergangslösung in der Coronazeit dienen sollte, ist heute Tims daily Business. ‚Mir kam die Idee in der Badewanne‘, erzählt er. ‚Auf der Bühne [als Speaker] halte ich immer ‘ne Quietscheente hoch, wenn ich bei dem Punkt bin.‘ Seiner Marketingagentur in Schneverdingen wurden damals die wichtigsten laufenden Verträge gekündigt – ein anderer Weg musste her.

Statt gedanklich dicht zu machen, eröffnete der gelernte Mediengestalter einfach ein neues Spielfeld: Alles fing mit einer Website an, die Besucherinnen und Besuchern ein virtuelles ‚Escape-Room-Erlebnis‘ in Schneverdingen ermöglichte – direkt am Lockdown-Tag Nr. 1.

„Unsere Arbeit ist es, zu spielen. Ganz gut, oder?“

‚Das Online-Game für Schneverdingen war natürlich nichts im Vergleich zu dem, was wir heute erschaffen“, ergänzt Tim, der inzwischen in Rotenburg (mit seiner Agentur) zuhause ist. Von der Kreisstadt aus bringt er europaweit Mitarbeitende namhafter Konzerne mit kreativen Business Escape Games auf ein neues Level. Sei es im Onboarding, beim spielerischen Erlernen eines Sicherheitskonzepts oder einem anderen Wissenstransfer. ‚Wir gestalten neben haptischen Games mit einzigartigen Würfeln, Koffern oder Brett- und Kartenspielen auch viele virtuelle 360° Games.‘

Der Weg zum Business Escape Game ist immer gleich: Workshop mit Konzeption, Storytelling und Rätseldesign. Dann geht’s ans Prototyping, an die finale Umsetzung und Produktion. Das Ergebnis ist immer ein anderes – ‚und mit jedem Projekt werden wir gerne noch besser. Wir lernen jedes Mal dazu und spielen alle Games zur Probe. Das macht schon in der Entwicklung wirklich Spaß.‘

Dass er heute im Bereich Gamification arbeitet, wundert Tim eigentlich nicht. Strategie- und Brettspiele gehören bei ihm quasi zur Familientradition. ‚Wir hatten früher schon viele und heute, im eigenen Haus, sind es schon über 150 Spiele im Schrank. Alle, die uns zuhause besuchen, wissen: Es wird was gespielt.‘

Ladengeschäft? „Nö.“ Riesiges Büro? „Auch nö.“

Tim Heitmann macht Business nach seinen Regeln – das fängt schon beim konsequenten Homeoffice-Ansatz an. ‚Wir haben für unser kreatives Chaos, mit dem wir zu Messen fahren, einen großen Container bei CHL im Gewerbegebiet gemietet. Das war’s.‘ Tim klettert in den Container und kommt gut gelaunt mit einigen Escape-Game-Requisiten wieder hervor. Dabei erzählt er: ‚Deshalb verstehe ich, dass man uns hier in der Umgebung nicht gleich greifen kann.‘

Lokale Events im Wachtelhof und Treffen des Rotenburger Wirtschaftsforums (RWF) sieht Tim deshalb als Chance, regional mitzuspielen. Nicht zuletzt der von der Stadt Rotenburg (Wümme) und vom RWF vergebene ‚Wirtschafts-Sonderpreis 2025‘ habe die Wahrnehmung seiner Firma natürlich gestärkt. ‚Außerdem kam über die K-Treffs vom RWF die tolle Zusammenarbeit mit den Rotenburger Werken zustande.‘ Eine gelungene Kooperation, die er nicht mehr missen möchte – und deren wirtschaftliche und soziale Sinnhaftigkeit ihn begeistert.

„Ich seh‘ nicht nur die 8 Menschen im Team – sondern die vielen zuhause: die Familien.“

Sein Team ist über die Jahre gewachsen. Und somit auch die Anzahl an Menschen, für die Tim sich mit verantwortlich fühlt. Als Unternehmer und ‚Familienmensch‘ hat er diese Perspektive – und auch eine andere Definition von Erfolg, als so mancher High Performer aus der Business Bubble. ‚Ich brenne für meine Arbeit. Ich bin dafür viel unterwegs, allein im November zum Beispiel auf 7 Messen und zusätzlich auf Workshops. Familienzeit ist mir aber genauso wichtig – meine Frau zu entlasten, so wie sie mich, und meine Kinder aufwachsen zu sehen.‘

Tim streicht über seinen Pullover, ein Geschenk zum diesjährigen Vatertag seiner beiden Kinder. Planloses ‚selbst und ständig‘, da ist der gebürtige Rheinland-Pfälzer kein Fan von. Sein Kalender ist strikt durchgetaktet, mit beruflichen und privaten Terminen. Er lacht schulterzuckend. ‚Manchmal wahrscheinlich schon etwas zu detailliert, aber für mich funktioniert es so.‘  

„Wenn ich nicht mehr dafür brenne, mach‘ ich was anderes.“

Tim folgt seiner Begeisterung. Immer. Im Business, im Leben. Wandelt sie sich oder schlägt einen anderen Weg ein, hat er kein Problem damit, ein neues Spiel zu beginnen. Und das darf ruhig herausfordernd sein. So kam er zum Beispiel zu seinem eher ungewöhnlichen Hobby: dem Züchten von Palmen im eigenen heimischen Garten. ‚Ich mag diese Selbst-Challenge, sie hier durchzubringen und finde sie einfach schön‘, erklärt er seine 16 kleinen und großen Palmen.

Er macht das norddeutsche Rotenburg (mit ihnen) zu einem etwas exotischeren Ort.